Interview

zu Besuch bei radioeins

radioeinsWann schleicht sich in unseren Alltag zum ersten Mal das Alter? Diese Frage stellt die Songpoetin der DDR, Barbara Thalheim, die bereits ihr 40jähriges Bühnenjubiläum hinter sich hat. Antworten darauf gibt es in Barbara Thalheims neuen multimedialen Bühnenprogramm namens „AltTag“ – mit Liedern und Videos über das Altern, über Meinungen, Menschen und Vorurteile – >> in der Mediathek: am 19.11.2014 im radioeins-Studio zu Gast.

WDR 5 – Erlebte Geschichten

WDR-Geschichten

Link zur Sendung

Diese Sendung des WDR-Hörfunks ist in der ARD-Mediathek abgelegt und kann dort problemlos angehört und auch heruntergeladen werden.

„Erlebte Geschichten – das sind gut 20 Minuten lang die persönlichen Schilderungen von Menschen, die mindestens 65 Jahre alt sind und detailgetreu, dicht und anekdotenreich wichtige Abschnitte ihres Lebens erzählen. Nichts ist so lebendig wie die gesprochene Sprache und auch nichts so authentisch.“ (WDR)

>> Direktlink zur Sendung

Radiofeature

Radiofeature auf DRS 1 (Schweizer Rundfunk, Zürich) vom 28.10.2009 von Anina Barandun
unter Verwendung einer Live-Sendung vom Frühjahr 1989 „Barbara Thalheim solo“, Millerstudio Zürich
und Ausschnitten aus einem Interview vom Oktober 2009. Länge: 48:41 min.

Interview Melodie & Rhythmus

Herz verloren / Artikel Oktober 2008 in Melodie & Rhythmus

Barbara Thalheim kreiert aus ihren französischen Lieblingschansons ein neues Programm und eine neue CD

Die letzte Thalheim-Neuerscheinung „Immer noch immer“ liegt nur ein gutes Jahr zurück, da gibt es am 28. Oktober in der Berliner Kulturbrauerei bereits wieder eine Premiere. „herzverloren“ bündelt französische Chansons, die Barbara Thalheim mit deutschen Nachdichtungen zu ihren eigenen gemacht hat. Melodie & Rhythmus sprach mit der Berliner Liedermacherin.

M&R: Wenn man Dich gut kennt, weiß man, dass die kraftvolle Bühnenbotschafterin immer öfter auch verzagte, kraftlose Momente beklagt. Warum bürdest Du Dir schon wieder ein neues Programm auf?

BARBARA THALHEIM: „Vergnügen, Vergnügen, was sonst sollte einen irgendwohin führen?“, habe ich gerade bei Oscar Wilde gelesen. Ich bin im September zweimal 30 geworden und habe alle Ängste und Beschwerden, die zum Altwerden dazugehören. Ein neues Projekt, die Bündelung von Kräften, das Kreieren, Ziele setzen, mit Jüngeren zusammen arbeiten, ist eine Methode von vielen gegenzusteuern.
In diesem Sommer haben wir schöne Konzerte absolviert, in denen ich einige der neuen Lieder ausprobieren konnte. Die Reaktionen haben mir Mut gemacht und auch der Kontakt mit dem Publikum.

M&R: Dass Du ein Faible für Frankreich hast, ist spätestens seit Deiner CD „Fremdegehen“ bekannt, die Deinen Aufenthalt in Frankreich in den 90er Jahren reflektiert. Frankophile Einflüsse gibt es auch auf anderen Veröffentlichungen, etwa in Liedern über Juliette Greco oder Edith Piaf, und sowieso durch Deinen begnadeten französischen Begleiter am Akkordeon – Jean Pacalet. War es einfach Zeit für ein ganzes Programm mit französischen Chansons?

BARBARA THALHEIM: Es gibt ja viele meiner deutschen Lieder auch in französischen Fassungen. Für die CD „Fiere de ma grande gueule“ (2001) habe ich einen kleinen Preis in Frankreich bekommen. Da lag es nahe, die Sache auch umgekehrt in Angriff zu nehmen. Dass die Franzosen wunderschöne, in der ganzen Welt bekannte Chansons haben, weiß man spätestens seit Edith Piaf, Charles Trenet, Cosma -Prévert, „Les feuilles mortes“, Léo Ferré, Jean Ferra Charles Aznavour, „La Bòhème“, Georges Brassens, Georges Moustaki und all diesen Leuten. Dass die heutige Generation der französischen „auteur-compositeurs“ diese Tradition auf selbem Niveau fortsetzt, ist kaum bekannt. Wer kennt hier Renaud? In Frankreich hat er einen Status wie hier Grönemeyer. Es heißt ja, Lieder zu covern, wäre ein Art Liebeserklärung an Kollegen. Ich habe meine augenblicklichen französischen Lieblingslieder ins Deutsche übertragen und auch Freunde – Regina Scheer, Richard Pietraß und Michael Wüstefeld – gebeten einige nachzudichten. Dabei herausgekommen sind traurigputzige Melancholien und Trutzlieder, ein hundsgemeiner Rundumschlag gegen Medien, „Ich leb versteckt“, ein Kammermusik-Lied „Die leeren Wohnungen in Paris“ gegen Immobilienspekulation in den Citys der Großstädte, ein Duett, dass ich mit Jean Pacalet zusammen singe, „Ein vergessener Brief“, das vom Publikum offensichtlich als Metapher auf deutsch-französische Geschichte verstanden wird. Aber auch Lieder wie: „Ich mag die Frauen nicht“, „Der Dollarkurs ist mir egal“, „Der Opportunist“ erzählen Alltagsgeschichten aus ungewöhnlicher – nicht nur französischer – Perspektive. Die Lieder sind durch die Beschäftigung mit ihnen zu meinen eigenen geworden und sicher werde ich sie auch über die neue CD hinaus in meinem Repertoire behalten.

M&R: Und wie erfahren wir etwas über die französischen Sänger!

BARBARA THALHEIM: Ich werde sicher auf der CD die Homepages der Autoren angeben. Da kann man sich informieren, auch in die Originalsongs – die wir musikalisch ziemlich gegen den Strich gebürstet haben – reinhören. Zum Beispiel in die Songs von Renaud, seinen Texten kann man mit dem Wörterbuch kaum beikommen, vielmehr müsste mal jemanden einen Diktionär mit seinen Wortschöpfungen (Argot) veröffentlichen. Das Titel gebende melancholische „herzverloren“ stammt auch von ihm. „Herz zu haben, Resteware, zu verschenken, eingebeult, ausgeheult, nicht einzurenken. Herz auf Krücken, Herz in Stücken, Trümmerbrocken, kleingehackt, abgewrackt bis auf die Socken…“ – ein Trennungsschmerzlied.
Mein Lieblingslied ist sicher das Duett „Ein vergessener Brief“. Das französische Original stammt von Juliette Noureddine. In der französischen Fassung singt den männlichen Part der Sohn von Gerard Depardieu, der bei einem schweren Unfall ein Bein verlor und deshalb seine Schauspielerkarriere aufgeben musste.

M&R: Deine letzte CD hast Du mit großer Besetzung aus der Rock- und Jazzszene, u. a. mit Geli Weiz und Jäcki Reznicek aufgenommen, wer steht Dir bei „herzverloren“ zur Seite?

BARBARA THALHEIM: Vier Musiker, mit denen ich öfter zusammen spiele: Jean Pacalet, mein langjähriger französischer Zwillingsbruder, fehlt bei keinem meiner Projekte mehr. Rüdi Krause ist Gitarrist und darüber hinaus ein in sich ruhendes Juwel, er ist Mitglied der Günther-Fischer-Band, der erste Musiker in meinem 30jährigen Bühnenleben, der sich bei mir „bewarb“, so etwas hatte ich vorher nie erlebt, dass jemand unbedingt mit mir spielen wollte. Bisher war ich es immer, die Musiker darum bat. Ferner dabei, der polnische Bassist Bartek Mleynek, der auch bei Trio Bravo spielt und der sensible argentinische Percussionist Topo Gioia.

Gespräch: Waltraud Heinze